Montag, 6. Juni 2011

Das Ende einer Radtour ... oder manche Begegnungen sollen einfach sein.

Also das Ende sah so aus:


Und die Geschichte dazu ist mal wieder so passend für die Trolljente.

Beim abendlichen Schwimmen kann ich meine Gedanken immer sehr gut kreisen lassen, ohne sie festzuhalten. Und da kommen mitunter auch gar waghalsige Ideen dabei raus. So geschehen vor ungefähr einer Woche, als ich an ein langes (kinder)freies Himmelfahrtswochenende dachte. Geplant war eine Radtour ... und irgendwann fiel mir ein, dass es ja einen Ostseeradweg gibt. Dieser führt unter anderem durch Stralsund und auch durch Rostock oder besser gesagt durch Warnemünde. Und in Rostock gibt es Menschen, die ich eigentlich mal besuchen könnte ...

Was mit dem Auto in einer reichlichen Stunde schaffbar ist, sollte mit dem Rad doch an einem Tag zu machen sein. Ein Blick ins www ergab erst einmal ganz viele Anbieter dieser Touren, mit Gepäcktransport und Übernachtung. Beides brauche ich nicht, wollte dafür kein Geld ausgeben.  Irgendwann wurde ich doch fündig. Hier fand sich eine gute Beschreibung, wenn auch in der anderen (weitaus windgünstigeren) Richtung sowie ausdruckbare Karten für die jeweiligen Abschnitte. Abschnitt 4 bis 6 waren meine Strecken, ohne Abstecher nach Ribnitz-Damgarten kamen 120 km zusammen, das kleine Stück bis Rostock rein zählte irgendwie gar nicht oder ich wollte es nicht mehr mitrechnen ...

Okay, 90 km an einem Tag hab ich vor 3 Jahren schon mal geschafft, meine Radtrainingssaison fängt auch erst an, also war ich vorsichtig und hab mir Zelt und Schlafsack besser eingepackt... frau weiß ja nie. Am Freitagmorgen kurz nach 8.00 Uhr hab ich mein Auto am Stralsund Bahnhof geparkt, die Rückfahrt war mit der Bahn vorgesehen. Fahrrad beladen und los gings erst einmal in Richtung Norden durch die Stadt. Weiter nach Parow, ich hatte die Radwege fast allein für mich, die Feldstraßen anschließend auch, mal abgesehen vom Trecker, der mir entgegenkam und mit einer großen Staubwolke den Sonnenschutzfaktor meiner klebrigen Sonnencreme bestimmt verdoppelte.

Irgendwann wechselte der Radweg in Richtung Osten, rechterhand wurde der Bodden sichtbar und  mir kamen die ersten Radler entgegen. Meine Richtung hatte ich größtenteils für mich allein, das passte mir gut, denn Radwege sind oft recht schmal zum Überholen. Aber die ersten Kilometer fühlten sich trotzdem recht zäh an. Besonders das Stück vor Barth, man sieht überall Radfahrer auf der anderen Seite des Feldes und erkennt schon dadurch, dass der Radweg zahlreiche Bögen macht, immer um das nächste Feld drumrum. Inzwischen machte sich auch meine Kette bemerkbar, so ein immer lauter werdendes Quietschen war nicht zu überhören. Ich wollte sie ja vor der Fahrt extra ölen, aber an Himmelfahrt waren alle Läden zu.

Quietschend kam ich dann in Barth an, quitschend fuhr ich auch wieder aus Barth raus, weil mir aber auch keiner der gefragten Barther sagen konnte, wo sich der neue Fahrradladen befindet. Quitschend ging es weiter bis Pruchten, dort fand sich ein Fahrradverleih mit Werkstatt. Einmal Gepäck komplett abladen, das Rad auf den Kopf stellen und nach 5 Minuten konnte ich wieder beladen und mich lautlos weiter in Richtung Darß trollen.

Der Darß ist gut besucht um diese Jahreszeit, viele Radler waren unterwegs, inzwischen auch in meiner Richtung. Aufpassen war angesagt und Überholen deutlich schwerer bei dem Verkehr auf dem Radweg. Besonders anstrengend war das Fahren am bzw. auf dem Deich zwischen all den Strandbesuchern, die natürlich gern schnatternd nebeneinander fahren und ganz viel Zeit dabei haben, während mein Ziel noch ein ganzes Stück vor mir lag. In Zingst hatte ich 60 km geschafft, geschätzte Halbzeit. Wunderschön war der Radweg dann auf der Boddenseite, durch Felder und Wälder ging es recht ruhig weiter. In Wustrow zeigte der Zähler 100 km und ich durfte auf die letzte Karte wechseln.

Weiter ging es durch Dierhagen, ab Graal-Müritz zeigten die Radwegweiser endlich Warnemüde an. Aber vorher wartete noch die Fähre über die Warnow auf mich. Und gleich danach konnte ich mich entlang der Schnellstraßen für mich völlig ungewohnt durch den Stadtverkehr kämpfen. Und als ich dann nassgeschwitzt und windzerzaust in Rostock mein Ziel erreicht hatte, war es kurz vor 19.00 Uhr und mein Kilometerzähler zeigt 148,36 km an. Mein Zelt hatte ich nicht unterwegs aufbauen müssen.


Für den Rückweg nahm ich dann am Samstag den Zug. Und damit mein Rad nicht allein durch den Wagen rollte, schloss ich es einfach an der Griffstange an. Die sonst üblichen Gurte waren leider für mein vollbepacktes Rad zu kurz. Und kurz vor dem Zielbahnhof passierte es dann, das Schloss ging nicht auf ... und damit nicht genug, beim zweiten Versuch brach der Schlüssel ab. Guter Rat war teuer. Also musste ich mir erstmal einen Weg durch den ganzen Zug bahnen, die Zugbegleiterin war gerade damit beschäftigt, ihre Durchsage zu machen: "Nächster Halt Stralsund Hauptbahnhof...." mit Anschlusszügen und freundlichen Worten und in meinen Augen ewig lang... Als sie endlich ansprechbar war, war mein Zielbahnhof schon ziemlich nah. Die Zugbegleiterin (sie möge mir verzeihen, wenn das nicht ihre richtige Berufsbezeichnung ist) schnappte sich gleich ihr Telefon und versuchte, auf dem Bahnhof jemanden mit Bolzenschneider zu erwischen ... aber keine Chance. Auf dem Bahnhof lief sie sofort los und kam mit zwei netten Herren von der Bahnpolizei. Der eine davon versuchte, mit der Zange den Schlüssel noch zu drehen, aber erfolglos. In der Zeit überlegte ich, wer meiner Bekannten denn auf der Strecke nach Sassnitz (als Zielbahnhof dieses Zuges) mit passendem Werkzeug zusteigen könnte, dann würde ich eben eine Ehrenrunde im Zug verbringen. Da kam ein netter Mitreisender auf mich zu, eine kleine Eisensäge in der Hand. Und während die Bahnpolizisten an beiden Enden des Schlosses zogen, sägte ich fleißig drauflos. Das Sägeblatt wurde immer stumpfer, so ein Schloss ist doch ganz schön stabil. Aber so ziemlich mit den letzten Zähnen sägte ich auch das letzte Stück Stahlseil los und der Zug konnte ohne mich und mein Fahrrad wieder losfahren ... Ich glaube, ich habe in dieser Zeit fast genauso geschwitz wie am Tag davor auf dem Rad. Und was sagte der nette Sägebesitzer auf meine Frage, wie ich ihm danken könne: "Ich war gerade zur richtigen Zeit am richtigen Ort" ...

Es ist schön, immer wieder zu spüren, dass einem oft genau die richtigen Menschen zur richtigen Zeit über den Weg laufen ...

5 Kommentare:

  1. 150km??? Uff, das klingt auch für mich als notorische Radlerin enorm - Hut ab!
    Den Retter mit der Säge wirst Du sicher nie mehr vergessen...lach...
    LG Karina

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  2. was für eine geschichte! das mit dem schloss hätte ich sein können, aber fast 150 radkilometer an einem tag? großen respekt, fantastisch!

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  3. Ich finde es gut wenn man dann den richtigen Helfer vor Ort hat der dann das Schloss öffnen kann. Auch die Zugbegleiterin hat alles versucht um das Schloss zu öffnen. es ist immer wieder schön wenn es solche Menschen gibt. :)

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  4. 150 km ? Das ist wirklich sehr weit - Du fährst bestimmt öfters oder ?

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  5. Ich bin ja echt erstaunt über Eure Kommentare. Aber ich geb zu, ich war es über mich selbst auch und die Sicherheit mit dem Zelt im Gepäck brauchte ich. Aber der Ehrgeiz war einfach größer und das Ziel lockte.

    So oft fahre ich eigentlich nicht Fahrrad, da meine Kinder mein Tempo nicht mitziehen. So mal 20 km in der Woche wenn es hoch kommt, am Wochenende mal 50 bis 60 km zum Strand. Die letzte große Tour waren 90 km vor 3 Jahren.

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