Sonntag, 20. November 2011

Ein Dachbodengeschenk ...

... habe ich heute in Besitz genommen. Genau genommen gestern schon, einmal kurz mit Taschenlampe, denn Strom gibt es da nicht. Und geschenkt habe ich den Boden auch auch nicht wirklich bekommen... in der vergangenen Woche wurde mit viel unvermeidbarem Dreck ein Loch in die Decke des Treppenhauses gesägt und eine Klappe mit Treppe eingebaut. Jetzt kann ich zwei schon seit langer Zeit nicht genutzte Dachkammern als Abstellraum nutzen.

Ein Geschenk sind diese Dachkammern trotzdem für mich. Endlich Platz, an dem die Weihnachtsdeko, die Pyramide, die vielen liebevoll von den Kindern gebastelten Sterne die restlichen 11 Monate des Jahres lagern können. Endlich Platz, an dem Zelte, Isomatten und der Rest der Campingausstattung überwintern dürfen. Der große Gulaschkessel, der im Sommer oft über dem Lagerfeuer hängt, muss nicht mehr in meiner Küche ganz oben auf den Schränken stehen. Und jetzt können sich die Inliner den Platz im Treppenhaus mit den Schlittschuhen abwechseln, und sich die Winterschuhe verkrümeln und Platz für Sandalen freigeben.

Endlich müssen die beiden Trollkinder beim Aufräumen ihrer Zimmer nicht mehr so endgültig entscheiden, womit sie noch spielen, vor allem muss die Aufräumaktion nicht mehr zwangsweise in der Woche vor dem Flohmarkt passieren. Jetzt können Spielzeugkisten auch mal "aus den Augen" zwischengelagert werden und der kleine Troll das Spielzeug, für dass das Trollmädchen schon zu groß ist, zu seiner Zeit wieder finden.

Jetzt kann aber auch die Trolljente ihr Stofflager wirksam sichten, hätte Platz für Kinderstoffe, die plötzlich zu kindlich für die Trollkinder geworden sind, bis sie die Zeit hat, bei Tageslicht Fotos für den Onlineflohmarkt zu machen.

Aber auch ganz andere Gedanken gingen mir heute durch den Kopf, während ich den Staub und die Spinnweben längst vergangener Zeiten auf dem Boden zusammengefegt habe, den Kragen meines Fleeces hochgezogen, damit er als Staubmaske dient. Von den Wänden hing noch so manche Bahn alter Tapete, quer über die Zimmerdecke lag (natürlich auf dem Putz) das Kabel zur uralten Deckenlampe, an mancher Wand ebenso. Der eine oder andere Kleiderbügel hing auch noch an der Wand. Klein wirkten die Räume, noch viel kleiner dazwischen der ehemalige Flur.

N.V. Rozenberg's Kleedingmagazijnen Hoogstraat 270-274 Rotterdam. Tel. 12598

Und während ich so fegte und räumte, dachte ich an meine beiden Großmütter und stellte mir vor, wie im Winter 1944/1945 so manche Familie mit 3 oder 4 oder noch mehr Kindern und der Großmutter dazu in einem dieser Zimmer gewohnt hat, froh, nach der Flucht aus Ostpreußen und angstvollen Tagen auf See eine neue Bleibe gefunden zu haben. Ein Kachelofen unter dem ungedämmten Dach, für den man selten genug Brennstoff hatte, die Toilette ... ich weiß nicht wo. Aber auch später, nachdem die damaligen Besitzer entweder geflohen oder vertrieben wurden, weil sie zu reich waren für den Staat, der in diesem Teil des Landes am Entstehen war, wohnten viele viele Menschen auf engstem Raum in diesem Haus, für das der Staat als Eigentümer jedoch nicht das notwendige Geld hatte, um es entsprechend zu erhalten.

Manche der Tapeten erinnerten mich noch an meine Kindheit und gefühlt kommt es mir noch gar nicht so lange vor, dass meine Großeltern auch mit solchen Tapeten lebten. Und trotzdem sind die Wohnverhältnisse, die ich nur aus Erzählungen und Filmen kenne, für mich heute so schwer vorstellbar. Damals für die Flüchtlinge müssen diese Zimmerchen unter dem Dach aber auch ein Geschenk gewesen sein.

3 Kommentare:

  1. Hallo,

    ich habe zu dem gezeigten Bügel die traurige Geschichte einer jüdischen Familie. Es handelt sich um entfernte Verwandte.
    Da kein Impressum vorhanden ist, weiß ich nicht, wie ich Dich - Interesse vorausgesetzt - kontaktieren kann.

    Liebe Grüße
    Gaby

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  2. Liebe Gaby,

    früher konnte man mich über mein Profil anmailen, ich merke jetzt gerade, dass Google da etwas geändert hat und es nicht mehr geht.

    Du kannst mich per Mail über ruegenfoto@web.de erreichen.

    Mir geht es jetzt nach Deinem Kommentar wieder so, wie ich meine Stimmung im Post beschrieben habe, als ich das erste Mal auf dem Dachboden war ... ein eigenartiges Gemisch aus Traurigkeit und Neugier und ein bisschen Unsicherheit, wie weit ich gedanklich in die Geschichte eintauchen möchte ... aber sie gehört dazu und ich möchte meine Augen auch vor diesem Teil der Geschichte nicht verschließen.

    Liebe Grüße von der Trolljente

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  3. Ich habe Dir die Geschichte zugesandt!

    Liebe Grüße
    Gaby

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